Ottilie Schimming Abrahams, 1937-2018, namibische Frauenrechtlerin

Ottilie Schimming Abrahams war eine namhafte namibische Ärztin, Pädagogin und Frauenrechtlerin. Sie wurde in Windhoek geboren und war die Tochter von Otto Schimming, dem ersten schwarzen Lehrer in Namibia, und die Schwester von Nora Schimming-Chase, namibische Politikerin, Diplomatin und Bürgerrechtlerin. Schon während ihrer High-School-Zeit in Windhoek engagierte sie sich politisch und sportlich. Früh engagierte sie sich in der Bildungsarbeit und legte damit den Grundstein für den Aufbau der South-West African National Union (SWAPO). Während ihres Studiums in Kapstadt wandelte sie sich vom Panafrikanismus zum Marxismus. Dort beschäftigte sie sich ausführlich mit dem antikolonialen Widerstandskampf von Jakob Morenga. Er verkörperte für sie die namibische Nationalidentität, der die kolonisierten Menschen durch eine Graswurzel-Bewegung vereinte. In zahlreichen Bildungsprojekten engagierte sie sich für die demokratische Bildung der namibischen Kinder. Ihr Mann war der namibische Aktivist, Physiker und Arzt Kenneth Abrahams. Beide engagierten sich in der SWAPO und in der kleinen Guerilla-Gruppe Yo Chi Chan.

Nach der inhumanen Behandlung in einem sambischen Gefängnis, zusammen mit ihrem kleinen Sohn während der Regierungszeit eines schwarzen Präsidenten, stellte sie fest: Ungerechtigkeit hat keine Farbe. Ottilie konnte eine Inhaftierung im kolonialen Südwestafrika vermeiden, nicht aber in einem anderen postkolonialen schwarzen Land. Dadurch verlor sie den Glauben an den Panafrikanismus. Mit ihrer Familie fand sie später Asyl in Schweden, wo sie sich als Bürgerrechtlerin und Frauenrechtlerin engagierte. Dies half ihr eine kritische Haltung zu allen Befreiungsbewegungen zu entwickeln. Sie promovierte 1968 in englischer Literatur über den ghanaischen Autor Ayi Kwei Armah. Sie versuchte in ihren Handlungen die Fehler der anderen postkolonialen Länder zu vermeiden.

1978 kehrte sie – nach einer Amnestie – aus dem Exil zurück. Sie diente als Generalsekretärin in der Namibian Independence Party. Sie schloss sich der Kampagne für eine verfassungsgebende Versammlung an, während die SWAPO damals zum Boykott von internen Wahlen aufrief. Später engagierte sie sich mit anderen schwarzen Frauen in der Namibian Women‘s Association (NAWA). Die Organisation war eng verbunden mit der Namibia National Front (NNF), blieb aber autonom. Die Männer der NNF sahen die Arbeit der Frauenorganisation kritisch, teilweise bekämpften sie sie sogar mit Gewalt. Von da an (1991) entschied sich die Organisation, sich überwiegend auf Bildungsprojekte zu konzentrieren.

Die vielsprachige Ottilie begriff die Bedeutung der Pflege der Lokalsprachen. Sie betonte auch die Bedeutung der afrikanischen Literatur und der namibischen Geschichte. Ottilie unterstützte eine Autarkie in der Lebensmittelversorgung. Insbesondere wollte sie die Frauen damit unterstützen und ihnen ihre eigene Würde zurückgeben. Sie beteiligte sich an Gemeinschaftsgärten in der ariden Region und praktizierte dabei agro-ökologische Methoden. Die Landfrage wurde für sie zu einer Grundsatzfrage für die Befreiung der Frauen. „Solange wir atmen, hoffen wir“, wurde zu ihrem Motto. Ottilie Abrahams war eine – heute fast vergessene – brillante Kraft in der namibischen Frauenbewegung für sozialen und politischen Wandel während der Zeit der namibischen Unabhängigkeit.

Quellen: Harry Boesak: Ottilie Abrahams, in Pambazuka News, 14.07. 2018, und Heike Becker: Tribute to Ottilie Schimming Abrahams – some notes and memories, in: South-African History online towards a people’s history,celebrating 20 years. July 2018. Grotpeter, John: Historical Dictionnary of Namibia. Metuchen, NJ: Scarecrow Pess, 1994.

Autorin: Gisela Kerntke