Adolf Lüderitz (1834 – 1886) – Betrügerischer Geschäftsmann

Adolf Lüderitz war ein Sohn eines wohlhabenden Bremer Tabakhändlers und trat dessen Erbe an. Darüberhinaus entwickelte er ambitionierte Pläne für Unternehmungen in Afrika. Zunächst hatte er damit wenig Glück. Eine 1881 in Lagos im damaligen British-Westafrika gegründete Niederlassung konnte sich gegen die ausländische Konkurrenz nicht durchsetzen. Mit Unterstützung des jungen Bremer Kaufmanns Heinrich Vogelsang beschloss er, in Südwestafrika Land zu erwerben, um eine deutsche Kolonie zu gründen. Das ausgewählte Gebiet war bisher von keiner anderen Kolonialmacht besetzt worden und Lüderitz ging davon aus, dass in Südwestafrika mit Bodenschätzen wie z.B. Kupfer zu rechnen sei.

1883 wurden erste Verträge mit dem Nama-Kapitein Josef Frederiks abgeschlossen und in der Bucht von Angra Pequena eine Niederlassung errichtet. Im zweiten Vertrag überließ Frederiks Land im Umkreis von fünf geographischen Meilen für 100 Pfund in Gold und 200 Gewehre an die Firma Lüderitz. Frederiks ging von englischen Meilen von ca. 1,6 km aus, Lüderitz beharrte später auf der deutschen Meile, die 7,5 Km lang war. Er war sich des Schwindels durchaus bewusst, denn er schrieb an Vogelsang: „Lassen Sie Joseph Frederiks aber vorläufig in dem Glauben, daß es 20 englische Meilen sind.“ Die Nama sahen sich getäuscht, konnten aber trotz heftiger Proteste ihren Standpunkt nicht durchsetzen. Die fragwürdigen Vertragsgrundlagen der Erwerbungen, landläufig auch „Meilenschwindel“ genannt, brachten Lüderitz schon früh den Spottnamen „Lügenfritz“ (lying Fritz) ein.

Auf der Suche nach Unterstützung und militärischem Schutz für seine Besitzungen, wandte sich Lüderitz an das Auswärtige Amt der deutschen Reichsregierung. Immer wieder betonte er die Dringlichkeit der Sache, indem er auf das Vordringen der Briten in das Gebiet hinwies. Lüderitz wurde von der deutschen Regierung als Geschäftsmann ernst genommen. Bismarck stimmte nach einem Gespräch mit Lüderitz, an dem auch der Hamburger Reeder und Kaufmann Adolf Woermann teilnahm, der Gründung von Kolonien in Westafrika zu. Er beauftragte Gustav Nachtigal als Reichskommissar für Westafrika, Hoheitsrechte des Deutschen Kaiserreichs in den Niederlassungen deutscher Firmen in Togo, Kamerun und Südwestafrika zu verankern. Gleichzeitig entsandte die deutsche Admiralität Kriegsschiffe und Landungstruppen. Nachtigal hisste unter Beteiligung von Vertretern der Firma Lüderitz und des Nama-Kapteins Josef Frederiks am 7. August 1884 die deutsche Fahne in Angra Pequena.

Nach diesem Erfolg schloss Lüderitz 1885 weitere zweifelhafte Verträge über Territorien und Minenkonzessionen ab und sandte Expeditionen mit Bergbauexperten aus. Daraus ergaben sich in den Folgejahren immer wieder Konflikte um Land und Ressourcen. Bei seinen Plänen für die wirtschaftliche Erschließung blendete er die Bedürfnisse und Interessen der Bewohner*innen des Landes völlig aus. Die einheimische Bevölkerung betrachtete er nur als Arbeitskräfte, die auch mit Prügelstrafen und Zwangsarbeit gefügig gemacht werden sollten.

Für die Finanzierung fand Lüderitz beim Deutschen Kolonialverein Unterstützung. Am 3. April 1885 übernahm die neu gegründete Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika das von Adolf Lüderitz erworbene Land sowie die damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten und Rechte. Die Gesellschaft war auf Betreiben von Wirtschaftsführern und der deutschen Regierung gegründet worden. Mit finanzieller Unterstützung der Kolonialgesellschaft stellte Lüderitz 1886 eine neue Expedition zusammen, die die Möglichkeiten einer Ansiedlung an der Mündung des Oranje-Flusses erkunden sollte. Er verunglückte 1886 bei einer Erkundungsfahrt, von der er nicht zurückkehrte.

Adolf Lüderitz wurde zur gefeierten Symbolfigur des deutschen Weltmachtanspruches und während der NS – Zeit als Kolonialpionier gefeiert. In Mannheim-Rheinau-Süd wurde 1935 eine Straße im IG-Farben-Viertel nach ihm benannt.

Gertrud Rettenmaier

Literatur:

Gutachten von Dr. Bernhard Gißibl und Prof. Dr. Johannes Paulmann (Leibniz-Institut für Europäische Geschichte, Mainz) zu den Namensgebern der Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und des Sven-Hedin-Wegs in Mannheim-Rheinau im Auftrag des MARCHIVUMS, 2020.

C.A. Lüderitz, C. A. (Hrsg.): Die Erschließung von Deutsch-Südwest-Afrika durch Adolf Lüderitz. Akten, Briefe und Denkschriften. Oldenbourg 1945.