Neues aus dem Kulturausschuss vom 7.12.2022

Für den Mannheimer Kulturbürgermeister ist Alles in bester Ordnung, im Gegensatz zum Ergebnis der Podiumsdiskussion am 4. Oktober 2022, wo den REM deutlicher Nachholbedarf attestiert wurde.
Tausende Objekte in den Depots der Reiss-Engelhorn-Museen (REM) stammen aus den früheren deutschen Kolonien. Sie sind ein materieller Teil der Mannheimer Kolonialgeschichte. Leider kann sie niemand sehen. Die REM positionieren sich bisher nicht eindeutig und lassen die Öffentlichkeit über ihre Aktivitäten weitgehend im Ungewissen. Auf der Webseite der REM findet sich bei Eingabe des Stichwortes: ‚Kolonial‘ nach wie vor nur die Stellungnahme von 2020, in der die REM erklären, sich an der Heidelberger Erklärung zu „orientieren“.
Im Kulturausschuss definierte Michael Grötsch als Ziel für Mannheim: “sämtliches Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sukzessive aufzuarbeiten und eine aktive Dekolonisierung zu betreiben“. Der frühere Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen Alfried Wieczorek fügte hinzu, sehr wichtig sei “die intensive Zusammenarbeit mit den Gesellschaften, denen die Dinge entnommen worden sind oder sogar gestohlen worden sind.“
Wir sind gespannt: Werden wir Mannheimer*innen Transparenz in Bezug auf die kolonialen Sammlungen und Rückgaben von Kulturgütern erleben? Werden sich die REM proaktiv um intensives Zusammenarbeiten mit den Herkunftsgesellschaften bemühen? Damit die REM diesem Anspruch gerecht werden könnten, müssten sie doch ihre Prioritäten grundlegend neu setzen:
den Bereich Weltkulturen vorrangig platzieren!
Über 20 ethnologische Museen unterzeichneten im Mai 2019 die Heidelberger Erklärung zur Dekolonisierung ihrer Sammlungen. Wir haben uns umgesehen, was andere Museen in städtischer Trägerschaft seither unternommen haben. Wir untersuchten die Aktivitäten der Museen auf ihrer Webseite im Hinblick auf:
- Thematisierung der Kolonialgeschichte auf der Webseite, in Ausstellungen und Veranstaltungen
- Transparenz für die Bürger*innen und die Menschen aus den Ländern, aus denen die Kulturgüter stammen
- bereits getätigte Rückgabe und Restitution
Wir stellten fest:
Fast alle Museen haben das Thema Kolonialismus prominent auf ihrer Webseite platziert. Sie haben sich in Ausstellungen, Veranstaltungen, bei Führungen durch ihre Sammlungen, in digitaler Aufarbeitung, Kooperationen etc. mit ihrer Rolle als Träger von Sammlungen, die auf rassistischer Kolonialherrschaft beruhen, auseinandergesetzt.
Im Dezember 2022 haben die fünf großen deutschen Museen der Benin Dialogue Group: Hamburger Museum am Rothenbaum, Ethnologisches Museum in Berlin, Kölner Rautenstrauch-Joest Museum, Völkerkundemuseen in Leipzig und Dresden Linden-Museum Stuttgart zwanzig Kulturgüter feierlich zurück nach Nigeria gebracht. Das Lindenmuseum Stuttgart hat ebenso wie das Kölner RJS sämtliche Eigentumsrechte an Kunstschätzen aus Benin an Nigeria abgetreten.
Beitragsbild: Bildschirmfoto WDR Köln 15.12.22