Straßenumbenennung in Rheinau-Süd – Wie geht es weiter?

So viel ist klar: Die Straßen in Rheinau-Süd, die derzeit noch die Namen von drei Kolonialverbrechern bzw. den eines glühenden Hitlerverehrers tragen, sollen neue Namen bekommen.

Aktueller Stand des Beteiligungsverfahrens

Die Stadt Mannheim hat ein dreistufiges Beteiligungsverfahren in Gang gesetzt, um einen Findungsprozess zu organisieren. Vor einem Jahr konnten Bürger:innen Vorschläge einreichen.
Unser Arbeitskreis Kolonialgeschichte Mannheim reichte sieben Vorschläge ein. Aus allen Vorschlägen hat die Verwaltung 18 als geeignet ausgewählt. Drei von unseren Vorschlägen sind auf der Vorschlagsliste der Stadt nicht vertreten. Das sind die beiden Schwarzen Deutschen May Ayim und Theodor Michael sowie Anna Mungunda. Die Gründe dafür kennen wir nicht. Zwei weitere unserer Vorschläge hält die Stadtverwaltung laut ihrer Informationsvorlage zur Sitzung des Hauptausschusses des Gemeinderats am 13.06.2023 für „erläuterungsbedürftig“:

„Bei Frau Wangari Maathai ist die Verständlichkeit/Schreibbarkeit des Vor- und Familiennamens nicht alltäglich in unserem Sprachumfeld. Trotzdem hat die Prüfung eine Geeignetheit für das Kriterium Verständlichkeit/Schreibbarkeit ergeben, da der Nachname phonetisch eindeutig wiedergegeben werden kann.“

Informationsvorlage der Stadt Mannheim

„Der Vorschlag Jacobus Morenga erfüllt alle Kriterien, insbesondere da er kein klassischer Freiheitskämpfer war. Das Ziel seines Kampfes war ein Wechsel von der deutschen zur britischen Kolonialmacht. Diese Zielsetzung und weitere Einzelheiten seiner Biografie werden, unabhängig von den veröffentlichen Kriterien, als kritisch eingeschätzt. Insbesondere da mit der Umbenennung auch eine Distanzierung von dem 1933 festgelegte Benennungsgrund „Verherrlichung des Kolonialismus“ verdeutlicht werden soll. Wir sehen daher Herrn Morenga, trotz Erfüllung aller Kriterien, nicht als geeigneten Vorschlag an.“

Informationsvorlage der Stadt Mannheim

Versteht das jemand? Warum wird Marenga (das ist in Namibia die offizielle Schreibweise) in die Vorschlagsliste aufgenommen und dann mit dem Hinweis versehen, doch nicht geeignet? Ganz zu schweigen von der vorstehenden „Begründung“, bei der, wie uns scheint, willkürlich vereinzelte Ereignisse seiner Biografie herausgegriffen wurden, andere, die für uns wichtig sind, wurden nicht benannt. Bei unserer Begründung haben wir vor allem darauf abgehoben:

„Er war ein Anführer des antikolonialen Widerstands gegen die deutsche Gewaltherrschaft in der Kolonie Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Der von Jacob Marenga angeführte Befreiungskampf richtete sich gegen die Herrschaft, die von Lüderitz, Nachtigal und Leutwein in Südwestafrika errichtet worden war. Mit der Benennung einer der Straßen nach Jacob Marenga kann die Erinnerung an die Gewalt und Unterdrückung durch die deutschen Kolonialisten und den Widerstand der Einheimischen wachgehalten und die Bereitschaft zu veränderten deutsch-namibischen Beziehungen ausgedrückt werden.“

Arbeitskreis Kolonialgeschichte Mannheim

Denn genau darum sollte es uns doch gehen – die Erinnerung wach halten, neue Perspektiven entwickeln und Beziehungen neu gestalten. Wir hoffen sehr darauf, dass viele Mannheimer:innen unserer Überzeugung folgen. Nutzen Sie Ihre Stimmen, um unsere Vorschläge zu unterstützen. Auf der Liste stehen bisher:
Rudolf Duala Manga Bell
Wangari Maathai
Jacob Marenga
Miriam Makeba

May Ayim in die Vorschlagsliste aufnehmen!

In einem Brief an den Oberbürgermeister haben wir uns dafür eingesetzt, dass auch May Ayim in die Vorschlagsliste der Stadtverwaltung aufgenommen wird. Ihr Name ist gut aussprechbar und sie verkörpert als Tochter von Eltern aus Ghana und Deutschland in besonderem Maße das Kriterium „Person des Transkulturellen Austauschs“. Sie setzte sich politisch und mit ihren Gedichten aktiv mit der Situation Afrodeutscher auseinander. In Berlin wurde das ehemalige Gröbenufer in May-Ayim-Ufer umbenannt, um einen Gegenpol zur Straßenbenennung in der NS-Zeit zu setzen. Auf der Informationstafel am May-Ayim-Ufer ist zu lesen:

„May Ayim beschrieb rassistische Phänomene, die vom Kolonialismus über die Zeit des Nationalsozialismus bis heute fortwirken. Damit gab sie wichtge Anregungen zur Auseinandersetzung mit diesen Bestandteilen deutscher Geschichte und Gegenwart.“

Informationstafel am May-Ayim-Ufer in Berlin

Nach den Sommerferien soll es in die nächste Beteiligungsrunde gehen. Alle Mannheimer Bürger:innen ab 16 Jahre dürfen wählen. Jede/r hat vier Stimmen. Nach Abschluss dieser Runde wird der Bezirksbeirat darüber beraten. Dann entscheidet der Gemeinderat, welche Straße welchen Namen bekommt.

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